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Unterrichtsmaterial

Förderung von Ausbildungsreife und Unternehmergeist in Schulfächern verankern

Interview mit Prof. Dr. Dirk Loerwald, Institut für Ökonomische Bildung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Foto von Prof. Loerwald

Herr Prof. Loerwald, Unternehmer vermissen bei ihren Azubis zunehmend soziale Fähigkeiten, die wir auch zu den Merkmalen von Unternehmergeist rechnen. Sind Ausbildungsreife und Unternehmergeist also dasselbe?

Prof. Loerwald: Synonym würde ich die beiden Begriffe nicht verwenden. Gleichwohl ist es so, dass man als Arbeitnehmer oder als Auszubildender zwei Möglichkeiten hat. Man kann in seinem Job entweder „Dienst nach Vorschrift“ betreiben, oder man versucht in dem Bereich, für den man verantwortlich ist, etwas zu entwickeln und voranzutreiben. Diese zweite Variante kommt dem Unternehmergeist sehr nahe. Dafür braucht man bestimmte Charaktereigenschaften wie emotionale Stabilität, Zuverlässigkeit, Risikobereitschaft, Antriebsstärke, Durchsetzungsfähigkeit und nicht zuletzt auch ein Mindestmaß an ökonomischer Fachkompetenz. All diese Fähigkeiten, die man mit dem Begriff Unternehmergeist verbinden kann, sind dann auch für den Auszubildenden und den Arbeitnehmer ganz offensichtlich wichtig. Deshalb sprechen wir auch nicht nur vom Entrepreneur, sondern ebenso vom Intrapreneur bzw. vom Arbeitskraftunternehmer.

Was kann denn nun Schule tun, um diese Fähigkeiten, die ja Ausbildungsreife zu einem wesentlichen Teil ausmachen, zu wecken und zu fördern?

Prof. Loerwald: Allgemeinbildende Schulen haben keinen unmittelbar berufsbildenden Auftrag. Was allgemeinbildende Schule leisten kann, ist so etwas wie die Vorstufe zur Fachkraft. Sie kann und sollte Ausbildungsreife vermitteln und dazu gehört neben der Vermittlung der so genannten fachübergreifenden Kulturtechniken (z. B. Lesen, Schreiben, Rechnen) auch ein ökonomisches Grundwissen. Darüber hinaus können schulische Maßnahmen auch die Berufseignung und die Vermittelbarkeit unterstützen. Diese drei Begriffe zusammen beschreiben so etwas wie einen Berufsorientierungsansatz in Schulen. Besonders wichtig erscheint mir aber, dass man einen solchen Ansatz institutionell verankert. Berufsorientierung muss zwar ein Auftrag der Schule insgesamt sein, gleichwohl muss man sich auch im Klaren sein, dass in Schulen nur das stattfindet, was in die Fachstrukturen eingebettet ist. Der zentrale institutionelle Anker für schulische Berufsorientierung ist m. E. der Wirtschaftsunterricht und die Wirtschaftslehrkraft sollte verantwortlich die fachübergreifenden Prozesse der Berufsorientierung organisieren.

Welche Unterrichtsmethoden eignen sich für die Förderung von Unternehmergeist und eine damit verbundene Berufsorientierung in den Schulfächern?

Prof. Loerwald: Hier kann man drei Blöcke von Unterrichtsmethoden systematisch voneinander unterscheiden. Der erste Block umfasst alle Methoden zur Förderung von Sozialkompetenz, von Persönlichkeitseigenschaften und Ähnlichem. Also zum Beispiel: Techniken zur Ideenfindungs- und Kreativitätstechniken oder Methoden zur Einübung von Teamfähigkeit.
Der zweite Block der Methoden zielt in Richtung Berufsorientierung. Es gibt ja die typischen Methoden in diesem Feld wie das Betriebspraktikum. Hier ist interessant, dass empirische Studien zeigen, dass das Betriebspraktikum seltsamerweise fast gar keinen Einfluss auf die Berufswahl von Kindern und Jugendlichen hat. Wenn Kinder und Jugendliche befragt werden, warum sie sich ihren Beruf ausgewählt haben, dann steht das Betriebspraktikum meistens an einer der letzten Stellen. Das heißt aber nicht, dass Betriebspraktika unsinnig sind. Man muss sie nur nicht auf die Berufswahl verkürzen, sondern im Praktikum ein umfassendes Bild der Wirtschafts- und Arbeitswelt vermitteln. Eine andere Methode in diesem Kontext sind sicherlich die Schülerfirmen, die ja auch im Bereich des Unternehmergeistes in den Schulen eingesetzt werden. Auch da lernen Schülerinnen und Schüler ökonomische Prozesse kennen.
Der dritte Block an Methoden umfasst aus meiner Sicht ökonomische Fachmethoden. So können Kinder und Jugendliche zum Beispiel mit Hilfe einer Entscheidungsmatrix lernen, rationale Entscheidungen zu treffen.
Wichtig ist, dass Methoden nicht um ihrer selbst Willen eingesetzt werden, sondern in einem systematischen Zusammenhang zu den Zielen und Inhalten des Unterrichts.